Als "Islamische Republik Iran" gegründet, nimmt die Religion
einen besonderen Stellenwert im Iran ein. Doch anders als seine vielen Nachbarländer
ist der Iran nicht sunnitisch sondern
schiitisch geprägt. Das geht auf das 6. Jahrhundert zurück als nach dem Tod
Mohammeds über die Nachfolger des des Religionsstifters gestritten wurde. Während die Sunniten in den
Kalifen die rechtmäßigen Nachfolger des Propheten sehen, betonen die Schiiten,
dass Mohammeds Cousin (der einzige überlebende Nachfahre) der alleinige rechtmäßige
Vertreter des Islams ist.
Zwischen Ganzkörerverhüllung... |
Dementsprechend gibt es im Islam innerreligiös große
Unterschiede. Doch wer vermutet, dass in einer "Islamischen Republik" alle religiös sind, der hat sich weit getäuscht. Wo Religion verordnet wird,
dort nimmt ihre Kraft ab, das ist auch hier erkennbar.
Die Verschleierung der Frau ist zur ersten Waffe gegen das
Regime geworden. Die verordnete Tracht in Schwarz findet man nur noch bei der
Hälfte der jungen Menschen. Viele nutzen das Kopftuchgebot, um dieses modisch
einzusetzen, sodass der Kopf und der Pony sichtbar bleiben.
... und modischem Kopftuch. |
„Wann ist hier eigentlich der Gebetsruf? Haben wir den
irgendwie die ganze Zeit verpasst? Wir haben ihn noch kein einziges Mal
gehört!“, fragen wir unsere Gastgeber in Shiraz 4 Tage nach unserer Ankunft im Iran. „Naja, also
erst einmal ist er nur 3 mal Tag, nicht wie in der sunnitischen Türkei 5 Mal,
und zweitens gibt es auch nicht sooo viele Moscheen hier wie euch vielleicht
aufgefallen ist. Wenn man nicht gerade in der Nähe einer Moschee, dann bekommt
man davon auch nichts mit.“
Mit dem Chaddow aufpassen! |
Die Andersartigkeit des Irans lernen wir kennen als wir in
Teheran die größte und wichtigste Moschee besichtigen, in der wir statt
dutzende betende nur dutzende schlafende Menschen wiederfinden. In der Türkei
wäre das unvorstellbar. Doch ich müsste Lügen, wenn ich behaupten würde, dass
es im Iran keine tiefgläubigen Menschen gibt. Ganz im Gegenteil: Die
Regierungsapparat ist voll mit ihnen. „Als ich das letzte Mal bei der Polizei
war, um meine Dokumente zu aktualisieren, da haben sie mich erst einmal
heimgeschickt. ‚Geh nach Hause und zieh dich um. Dann werde ich wieder mit dir
reden‘ haben sie zu mir gesagt. Dabei hatte ich fast alles verhüllt. Aber die
wollten, dass ich die Chador [Burka-ähnlich] trage“. – „Die Polizei bestimmt, was du anzuziehen
hast?“ frage ich verdutzt. – „Na klar. Die Polizisten hier sind die schlimmsten.
Religiosität ist gerade für sie besonders wichtig – und das meine ich nicht nur
moralisch gesehen, sondern auch finanziell: Wenn Beamte nicht 3 Mal am Tag
beten gehen und die religiösen Gebote beachten, dann bekommen sie Gehaltsabzug!
Das ist kein Witz!“. Dennoch muss ich lachen. Vielleicht aus Ungläubigkeit.