Esfahan, zauberhaftes Esfahan |
„Esfahan zählt zu den schönsten Städten der Welt“ steht in
unserem Reiseführer. Doch was uns nach einer Fahrt von 7 Stunden mit dem Bus
auffällt, ist, dass die Stadt vor allem eins ist: anders. Wir steigen aus dem
Taxi aus, das uns in die Innenstadt gebracht hat, wo wir unseren Gastgeber
treffen sollen. „Hello Mister, welcome to Esfahan!“ entgegnet uns ein
18-jähriger Junge beim Vorbeilaufen. Ich bleibe zurückhaltend, weiß nicht, ob
ich seine Freundlichkeit als Freundlichkeit oder als Trick interpretieren soll.
Der nächste Passant kommt vorbei, lächelt uns an und sagt: „Welcome. Have a
nice time here.“ Wie eine Litfaßsäule stehen wir mit unseren dicken Rucksäcken im Zentrum der Stadt und werden von den Menschen angelächelt und begrüßt. Ich bin verwirrt, weil ich so etwas noch nie erlebt habe und muss mich erst einmal
setzen. Einen Augenblick später kommt eine Mutter mit ihrer Tochter die
Promenade entlang. Sie kann ihren Blick nicht von uns lassen und lächelt
schüchtern als sie sieht, dass ich sie bemerke. Mit ihrer Tochter im Schlepptau
setzt sie sich 1 Parkbank neben an und spickelt ab und zu zu uns rüber, bis sie
schließlich mit ihrer Tochter als Schutzschild und Übersetzer herkommt und
fragen lässt: „Meine Mutter will wissen woher ihr kommt und was ihr hier macht.
Sie will euch sagen, dass sie euch hübsch findet.“
Nach kurzem Disput zwischen Tochter und Mutter auf Persisch,
verabschieden sie sich schließlich. Ihre Tochter wird also nicht vor Ort mit
uns verheiratet.
Die Option der Heirat wird hier übrigens ernsthaft in
Erwägung gezogen. „Ich würde so gerne in Deutschland studieren. Aber als
Iranerin ein Visum für Amerika oder Europa zu bekommen, ist nahezu unmöglich.
Das einfachste ist, jemanden von dort zu heiraten“, erklärt mir meine hiesige
Gastgeberin M. In einem Land, wo man Liebesbeziehungen nur im Untergrund führen
kann und Heirat ein politischer Akt wird, ist die Hemmschwelle zur Heirat eines
(europäischen) Fremden nicht besonders groß.
Iranische Mädchen sind es gewohnt ein Leben zu führen, in
dem Liebesbeziehungen meist selbst vor den Eltern geheimgehalten werden müssen,
in dem sie sich mit dem anderen Geschlecht nur versteckt treffen können, in dem
sie es selbst in Kauf nehmen ihre vorehelich verlorene Jungfräulichkeit
operativ wieder herstellen lassen. Ja, ihr habt richtig gelesen: Es gibt keine
geringe Anzahl von Mädchen, die sich bei einem Arzt ihr Jungfernhäutchen wieder
zusammennähen lassen. Es reflektiert eine Gesellschaft mit Werten und Traditionen,
die nicht mehr zeitgemäß, jedoch immer noch stark genug sind, diese
durchzusetzen.
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