Wir stecken in mitten eines riesigen Felsgebirges. Ein Dorf,
ja fast eine Stadt, ist hier errichtet. 25 000 Menschen nennen die Berge und die steilen
Klippen hier ihre Heimat. „Leider habe ich heute keine Zeit euch herumzuführen,
aber ich habe ein Freund, der heute seine Familie im Bergdorf oben besucht. Er
wird es euch zeigen. Er kommt gleich vorbei!“ erklärt uns Volkan, unser Gastgeber
in der hießigen Ortschaft. Und so sehen wir 20 min später zum ersten Mal Önder,
der uns in sein Auto einlädt und zu seiner Familie bringt. Zum Glück reichen
Mohammeds und meine Sprachkenntnisse mittlerweile aus, um sehr gute
Konversationen zu führen. „Schau mal Mama, ich hab Gäste mitgebracht!“ ruft
Önder seiner Mutter entgegen, die gerade die Stufen ihres Hauses mit einem
Besen kehrt. „Oh, Önder, wunderbar! Herzlich Willkommen ihr alle! Herzlich
willkommen!“ ruft sie uns entgegen, schmeißt ihren Besen in die Ecke und
empfängt uns mit einer überwältigenden Herzlichkeit.
„Dort drüben wohnt mein Onkel. Er baut gerade ein Haus.“ Er
baut ein Haus? „Das ist sein Hobby. Das macht er ziemlich gut. Kommt mit, wir
schauen es uns an.“ Nach einer kurzen Hausbesichtigung und Bewunderung des
großen und vielfältigen Gartens kommen wir (mal wieder) zum Essen. Wir bekommen
das Beste, was man in einem Dorf finden kann. Eigener Honig, Käse und Butter
des Nachbarn, Oliven aus dem Garten. Ein wahres Festmahl. Mal wieder.
Wir realisieren wie glücklich eine Familie mit so wenigen
Dingen sein kann. Hoch oben auf dem Berg blicken sie in das Naturschutzgebiet
mit einer wunderschönen Landschaft hinab, hier arbeiten sie, hier leben sie und
hier lachen sie. Grinsend kommt die Großmutter von hinten angeschlichen und
tätschelt sanft meine Schulter. „Du bist ein sehr lieber Mensch. Du gehörst zur
Familie.“ Worte, bei deren Gutmütigkeit mir ganz warm ums Herz wird. Sie ist
mit ihren 83 Jahren nicht nur munter und fidel, sondern auch noch überraschend
spontan. „Ach, gug, es gibt noch Walnüsse!“ sagt sie und wirft sich in das Gras
um dort mit einem Stein die Nüsse aufzuknacken und an selber Stelle noch mit
mir zu teilen. Eine echte Goldseele. Und das vernehme ich besonders im Moment
des Abschieds. „Mein lieber Benjamin. Komm bald wieder. Du hast hier ein
Zuhause. Komm bald wieder, hörst du? Ich warte hier auf dich.“ Mit Tränen in
den Augen steht sie am Zaun und winkt uns, 3 Fremden, die sie 3 Stunden zuvor
erst kennengelernt hat, hinterher als wir in das Auto steigen und davon fahren.
Doch auch wenn wir es nicht wahr haben willen, wissen wir beide, dass es das
letzte Mal sein wird, dass wir uns gesehen haben werden.
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