Freitag, 1. Februar 2013

Schlafwandler

Fern ab aller Zivilisationen pilgere ich derzeit durch die Schwarzmeerküste. Mein Rucksack soll für 4 Wochen lang mein einziger Begleiter sein. Ängstlich habe ich die Reise ins Ungewisse angetreten, doch ich habe glücklicherweise immer kurzfristige Lösungen gefunden. Dank eines geniales Internetnetzwerks und einer tollen Community, gibt es die Möglichkeit bei jungen Menschen einen Schlafplatz zu erfragen, die einen dann für 1-2 Nächte beherbergen. So waren meine ersten 2 Stationen abgedeckt und die Reise konnte beginnen. Bereits am vierten Tag merke ich jedoch wie mein anfänglicher Enthusiasmus langsam nachlässt. Reisen ist verdammt anstrengend. Vor allem, wenn man auf den Geldbeutel schauen muss und auf die Gastfreundlichkeit der Menschen angewiesen ist. Aber nicht nur das Geld ist mein ausgekorener Feind, sondern auch die Dunkelheit.
 So ist jeder Tag eigentlich ein Wettlauf mit dem Sonnenlicht. Sobald es dunkel geworden ist sinken die Chancen, dass ich per Anhalter eine Mitfahrgelegenheit finde. Genauso auch die Temperaturen, die sich hier im Norden derzeit um die 3-9 Grad Celsius eingependelt haben. Ich bin sozusagen heilfroh, wenn zu der Kälte nicht auch noch Regen hinzukommt.
Vielleicht gibt es angenehmere Ziele in der Türkei zu bereisen, vielleicht gibt es auch günstigere Zeitpunkte, aber ich habe mir nun mal dies so ausgesucht und werde es auch durchziehen. Für einen Rückzieher bin ich viel zu dickköpfig.
Amasra
Resultat der widrigen Umstände ist, dass ich fast ununterbrochen müde bin. Es dauert keine 15 min in einem warmen Raum, Auto, Bus oder Truck und mein Kopf klebt an der Fensterscheibe und von mir ist nur noch ein leises Schnarchen zu hören. Zum Glück sage ich meinen Fahrern zuvor immer wo ich raus möchte, sodass sie mich rechtzeitig wecken.
Ich habe in den vergangenen Tagen zunehmend das Gefühl, dass ich nicht wirklich wach bin. Irgendwo hänge ich in der dünnen Zwischenwelt zwischen Traum und Realität fest. Alles scheint so unwirklich, so un(be)greifbar. Die Erinnerungen der letzten Stunden verblasen schon wieder, während ich hier gerade wieder ziellos aus dem Fenster schaue und dabei in einen seichten Dämmerschlaf falle.
Mein Fahrer Ömer
In diesem Schwebezustand versetzt, versuche ich mich durch die Verbindungen zu Außenwelt mittels des Internet zu erden. Es wird mir ganz schwindelig zu Mute, wenn ich daran denke, dass absolut niemand weiß, wo ich gerade bin. Doch auch diese Strategie wirkt nicht so gut wie gedacht: Auf der Suche nach Bekanntem treffe ich nur auf radikale Veränderungen. Zuhause hat sich einiges verändert. Alles wird anders. Ja, auch in 5000km Entfernung funktioniert das Leben prozessual. Und genau diese Erkenntnis macht mir gerade so Angst. Werde ich noch rein passen? Wird noch ein Platz für mich da sein? Werde ich sie noch wiedererkennen? Werden sie mich noch wiedererkennen?
Auf der Suche nach sich selbst, verliert man sich auch am schnellsten….

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